Lotte Reimers im Museums-Keller, 1988

Lotte Reimers

1932

in Hamburg geboren

1943–1945

Krankenhaus und Sanatoriumsaufenthalte

1952

Abitur in Bad Gandersheim

1951–1961

Wanderjahre durch Deutschland mit Jakob Wilhelm Hinder, Ausstellung „Moderne Keramik“

1953–1976

Textil-Arbeiten

seit 1957

Fotografie

1961–1975

Mitwirkung bei Aufbau und Führung des „Museums für moderne Keramik“ in Deidesheim an der Weinstraße

seit 1965

Keramik-Arbeiten

1976

Tod von J.W. Hinder und Schließung des Museums

1976

Staatspreis Rheinland-Pfalz

1977

Wieder-Eröffnung und Leitung des „Museums für moderne Keramik“

1985

Arbeits-Stipendium des Kultusministeriums Rheinland-Pfalz

1992

Verdienstorden des Landes Rheinland-Pfalz

1993

Übernahme der Museums-Sammlung durch das Land Rheinland-Pfalz

1996

Errichtung der Lotte Reimers-Stiftung zur Förderung der keramischen Kunst

1999

Bundesverdienstkreuz am Bande

2007

Barbarossa-Siegel der Stadt Kaiserslautern

2014

Pfalzpreis des Bezirksverbandes Pfalz für das Lebenswerk

2017

Kunst-Ehrenpreis der Ike und Berthold Roland-Stiftung

2017

Verleihung der Ehrenmitgliedschaft des Freundeskreises GRASSI Museum für angewandte Kunst Leipzig

In meinen Träumen sehe ich oft Berge von frischem Ton, sehe, wie ich daraus ganze Reihen immer größerer Gefäß-Körper baue und wie ich große Räume mit dieser stetig wachsenden Schar bevölkere und die weißgekalkten Wände mit immer größeren fotografischen Bildern behänge...
Vielleicht träume ich deshalb so groß, weil meine Werkstatt so klein ist.
Als ich mit der Keramik begann, noch keinen eigenen Ofen hatte, machte ich Schalen, groß wie ein alter Mühlstein, die dann in einem Industrie-Ringofen mitgebrannt wurden. Mein erster Brennofen dagegen war nur 35 cm im Geviert und meine Glasurbehälter sind bis zum heutigen Tag leere Honiggläser.

Seit 1965 mache ich Keramik. Ausführliche Beschreibungen darüber gibt es in bebilderten Katalogen und zahlreichen Veröffentlichungen in Presse, Funk und Fernsehen.

Meine Arbeiten entstehen ohne Töpferscheibe, frei aufgebaut aus grobkörnigem Schamotteton. Rissig-rauhe Kanten, Quetsch-Rillen, Kerbspuren und Reliefstrukturen sind typische Merkmale, ebenso Dickwandigkeit und Schwere, oft in Kontrast zu zarten Hälsen und schwingenden Formlinien.

Die Glasuren sind – was vor Jahrzehnten noch ein bestauntes Novum war – wie vor Jahrtausenden aus Steinen, Holzaschen und farbigen Erden entwickelt, durch Schütten, Tauchen, Schleudern oder mit dem Pinsel in mehreren Schichten aufgetragen und oft gegen freigelassene Flächen gesetzt. Im keramischen Objekt Gegensätze zu bündeln – Ruhe und Bewegung, Aufbruck und ebene Fläche, Schürfkanten und Glätte, Reihung und Kontrapunkt, Farbigkeit und tiefes Schwarz, Fließspuren und Pinselakzente bei der Formgebung und beim Glasieren – und auf diese Weise Keramiken zu erzeugen, die Ruhe ausstrahlen und gleichzeitig gezähmte Urkräfte ahnen lassen, das ist für mich immer wieder Zwang und Verlockung zugleich.

Jahrelang stand für mich fest, dass ich Malerin werden wollte. Doch dann – im Herbst 1951 – sah ich J.W.Hinders Wanderausstellung "Moderne Keramik", nahm meine Anmeldung an der Landeskunstschule Hamburg zurück und zog nach dem Abitur zehn Jahre lang mit Hinder durch Deutschlands Städte, lernte sticken, weben und fotografieren. Aus dem Fotografieren von Keramiken für Vorträge und Veröffentlichungen wurden später meine zweckfreien Fotografien, meine "ungemalten" Bilder.

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